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Der psychologische Test
Das psychologische Experiment
Testdiagnostische Urteile sind immer Wahrscheinlichkeitsurteile, die auf statistischen Schätzungen beruhen. Jede Psychodiagnostik ist an einen methodischen Zugriff zur Datenquelle gebunden, von dem sie ihre diagnostischen Informationen gewinnt, d.h., es bedarf operationalisierbarer Eigenschaften, Merkmale, Indikatoren usw. am zu diagnostizierenden Objekt. Von der Qualität der Operationalisierung hängt letztlich der Wert der Diagnose entscheidend ab, wobei bewußt bleiben muß, daß diese in jedem Fall nur einen Ausschnitt des Diagnoseobjekts betrifft. Bei der Persönlichkeitsdiagnostik etwa bedeutet dies, daß man ausgewählte Persönlichkeitseigenschaften, deren Relationen, deren Bedingungen usw. diagnostizieren kann, aber niemals eine gesamte Persönlichkeit. Auch werden Diagnosen i.d.R. nicht um ihrer selbst willen gestellt, sondern man verfolgt mit ihnen stets Ziele, sodaß es auch von der Systematik der Ziele abhängt, inwieweit eine Psychodiagnostik mit einem Test sinnvoll zu entwickeln ist.
Welche Testart in der psychologischen Praxis im Einzelfall gewählt werden soll, ergibt sich aus den Testzielen bzw. der Beantwortung folgender Fragen:
Ein Test soll entsprechend seinem differentialdiagnostischen Ansatz die Probanden mit hoher Merkmalsausprägung von denen mit geringer Merkmalsausprägung trennen. Dazu sind nur solche Aufgaben "brauchbar", die von einem Teil der Probanden gelöst und von einem anderen Teil nicht gelöst werden.
Bei Schnelligkeitstest (speed tests) ist die Durchführungszeit begrenzt. Die Leistung wird gemessen durch die Anzahl der in einer bestimmten Zeit richtig gelösten Aufgaben. Starke Probanden lösen in der vorgegebenen Zeit viele, schwache Probanden wenige Aufgaben. Bei dieser Testart sollten der Schwierigkeitsgrad der Aufgaben möglichst gleich und niedrig sein. Bei Niveau-Tests (power tests) ist die Durchführungszeit unbegrenzt und die Probanden bearbeiten die Aufgaben, die sie lösen können. Meist wird der Test nach einer bestimmten Anzahl nicht gelöster oder falsch gelöster Aufgaben abgebrochen. Die Items oder Aufgaben sind in solchen Tests nach aufsteigender Schwierigkeit geordnet. Die Leistung wird dabei in der Regel durch die Anzahl der richtig gelösten Aufgaben gemessen. Mischtests fordern sowohl Schnelligkeit als auch Nivauleistung. Die Aufgaben werden in aufsteigender Schwierigkeit angeordnet und die Bearbeitungszeit ist begrenzt. Der Schwierigkeitsgrad der Aufgaben bewegt sich dabei in einem mittleren Bereich. Die Leistung wird gemessen durch die Anzahl der in der vorgegebenen Zeit richtig gelösten Aufgaben.
Auch die Art der Aufgaben ist von Test zu Test unterschiedlich. Die Konstruktion eines psychologischen Tests basiert auf theoretischen Annahmen zu bestimmten Merkmalen (Intelligenz, Angst, Aggression, ...). Das Merkmal das ein Test erfassen soll ist in der Regel selbst nicht beobachtbar, sondern nur aus dem Verhalten erschließbar. Deswegen suchen Testautoren nach Verhaltensweisen oder Verhaltensstichproben, die das entsprechende Merkmal möglichst gut abbilden. Ein Test, der nach der klassischen Testtheorie konstruiert wird, erfaßt somit ein bestimmtes Merkmal durch Fragmentierung. Kleine Einheiten (Verhaltensstichproben), sogenannte Test-Aufgaben bzw. Test-Items sollen das zu messende Merkmal repräsentieren.
Für die Beantwortung der Aufgaben werden Punkte vergeben (beispielsweise 1 für "richtig" und 0 für "falsch"), was als Itemscore bezeichnet wird. Die Summe dieser Punkte ist der Testscore, der die Ausprägung des Testmerkmals zum Ausdruck bringt (hoher Testscore bedeutet zum Beispiel "große Ängstlichkeit", ein niedriger Testscore steht für eine "geringe Ängstlichkeit"). Ein Testergebnis wie die Anzahl der gelösten Aufgaben in einem Test ist aus sich heraus nicht interpretierbar, sondern muß in ein Bezugssystem eingeordnet werden. Dafür stehen grundsätzlich drei Möglichkeiten zur Verfügung:
Bei der Normierung oder Eichung von Testverfahren werden in der Regel interindividuelle oder soziale Normen verwendet. Dabei haben sich bestimmte Normskalen wie zum Beispiel die IQ-Skala eingebürgert. Das theoretische Modell, das solchen Skalen zugrunde liegt, ist die Normalverteilung. Untersucht man biologische oder psychische Merkmale bei einer genügend großen Population, so kann man beobachten, daß die Mehrzahl der Messwerte im mittleren Bereich liegen und nur wenige in den Extrembereichen. Solche Vergleichsnormen sind in den Handbüchern der einzelnen psychologischen Tests nachzulesen und können so vom Benutzer der Testverfahren nachvollzogen und bewertet werden. Häufig wird ein Testergebnis auch in Form eines Prozentranges angegeben. Prozentränge beruhen auf einer eigenen Transformation, die angibt, wie groß in der Norm- oder Eichstichprobe der relative Anteil von Probanden ist, deren Werte unterhalb, bzw. oberhalb eines Testwertes liegen. Es handelt sich hier also um eine reine Häufigkeitsangabe und nicht um ein Abweichungsmaß. Zum Beispiel besagt ein Prozentrang von 75, daß in der Vergleichsstichprobe 75 Prozent der Probanden niedrigere oder gleiche Werte erzielen und 25 Prozent dagegen höhere. Der größte Vorteil der Prozentränge besteht in ihrer Anschaulichkeit. Auch der Laie versteht sofort ihre Bedeutung.
Die oft diskutierten Kontroversen um das psychologische Testen begründen sich in mehreren Problemen:
Gewisse methodische Probleme gibt es bei jedem Test, daher ist es für jeden psychologisch ausgebildeten Experten klar, Testergebnisse nur als eine Form von Information über die untersuchte Person zu verstehen, neben der zahlreiche andere Informationen mit zu berücksichtigen sind. Die Überschätzung von Testergebnissen und übermäßiges Vertrauen in Tests kommt daher im Wesentlichen nur bei Laien vor, wobei das besonders bei Intelligenztests zutrifft.
Diese Darstellung entstammt dem sehr empfehlenswerten Hypertext Erwin Breitenbachs: Klassische Testtheorie (o.J.). WWW: wuerzburg.de/sopaed1/breitenbach/testtheorie/testglie.htm (02-12-03). In diesem Hypertext finden sich weitere Details und ausführliche Erläuterungen zu Testkonstruktion, Itemanalyse und Normierung oder Eichung von psychologischen Testverfahren.
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