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Der psychologische Test
Das psychologische Experiment
Theoretischer Hintergrund
In diesem Experiment geht es darum zu zeigen, daß die Ausführung von Handlungen einen eigenen Beitrag zur Erinnerung an Handlungen leistet. Das wichtigste Ziel der Untersuchungen zum Tu-Effekt ist: Es soll der Einfluß von imaginalen und motorischen Prozessen auf die Rekognition (Wiedererkennen) und Reproduktion (free recall) von verbalem Material untersucht werden.
Es handelt sich um ein Forschungsthema aus der Gedächtnispsychologie. Beschreibung der Originaluntersuchung Es wird die Hypothese untersucht, daß neben verbalen und imaginalen Prozessen auch motorische Prozesse die Lernleistung beeinflussen.
In zwei nacheinander durchgeführten Experimenten wurde die Wirkung motorischer Prozesse auf die Rekognition(Wiedererkennen) und die Reproduktion von 48 Verb-Objekt-Phrasen untersucht, die einfache Handlungen bezeichneten (z.B. die Zähne putzen).
Methoden und Durchführung
An dem Experiment nahmen 56 Studierende verschiedener
Fachrichtungen der Universität des Saarlandes teil. Sie wurden
für die Teilnahme am Experiment bezahlt. Das Versuchsmaterial
bestand aus 48 Originalitems und 96 Distraktoritems. Insgesamt wurden
also 144 Items verwendet.
Im Experiment wurden die Phrasen vier Gruppen von je 14
Versuchspersonenunter folgenden Bedingungen vorgegeben:
Die Originalitems waren Verb-Objekt-Phrasen, die einfache Handlungen darstellten (z.B. "die Karten mischen"). Die Handlungen waren so ausgewählt, daß sie von einer Versuchsperson, die an einem Tisch saß, leicht mit den Händen ausgeführt werden konnte. Zu jedem Originalitem wurden zwei Distraktoritems konstruiert, bei denen das Verb beibehalten wurde und das Objekt variiert wurde, so daß neue Handlungen entstanden. Die symbolische Durchführung dieser Handlungen erforderte andere Handbewegungen als bei den Originalitems. Für das Item "die Karten mischen" hießen die beiden Distraktoritems "die Lose mischen" und "die Farbe mischen". Jedes dieser 144 Items wurde für die Rekognitionsprüfung auf ein DIN A 5- Blatt geschrieben. Diese 144 Blätter wurden zu einem Block zusammengeheftet, den die Versuchsperson bei der Rekognitionsprüfung erhielt und Blatt für Blatt durchgehen mußte. Es wurde darauf geachtet, daß sich jeweils die drei zusammengehörigen Items (ein Original- und zwei Distraktoritems) gleichmäßig über den Block verteilten, so daß nie ein Originalitem in unmittelbarer Nähe eines entsprechenden Distraktoritems erschien und auch zwei zusammengehörige Distraktoren nicht nacheinander auftraten.
Die Rekognitionsprüfung lief folgendermaßen ab: Die Versuchspersonenblätterten den Rekognitionsblock durch. Sie sollten angeben, ob das jeweilige Item zuvor vom Versuchsleiter bereits vorgelesen wurde oder ob es jetzt zum ersten Mal auftauchte.
Dieselben 48 Originalitems wurden vier Gruppen von je 14 Versuchspersonenunter den folgenden vier verschiedenen Instruktionsbedingungen dargeboten: Handlung, Vorstellung, Zuschauen, Lernen (Kontrolle).
Das Experiment wurde in Einzelversuchen durchgeführt. Der Versuchsleiter las der Versuchspersondie Originalitems in einem Abstand von fünf Sekunden unter der entsprechenden Instruktion vor. Das heißt,
Darauf folgte eine Rekognitionsprüfung bei der die Zeit für die Rekognition nicht begrenzt war. Nach der Rekognitionsprüfungwurden die Items unter denselben Bedingungen wie bei der ersten Darbietung erneut dargeboten. Nach dieser zweiten Darbietung erfolgte eine free recall- Prüfung, das heißt, die Versuchspersonenwurden gebeten, alle Originalitems, an die sie sich erinnern konnten, in beliebiger Abfolge aufzuschreiben. Auch hierbei wurde die Zeit nicht begrenzt.
Ergebnisse
Bei der Rekognitionen muß zwischen zwei Arten von Fehlern unterschieden werden:
Die Handlungsgruppe machte signifikant weniger Fehler als die übrigen drei Gruppen und die Kontrollgruppe machte signifikant mehr Fehler als die drei anderen Gruppen (mittlere Anzahl der insgesamt gemachten Fehler).
Die Fehlerzahlen der Vorstellungs- und der Zuschauergruppe unterschieden sich nicht voneinander, waren aber signifikant niedriger als die mittlere Fehlerzahl der Kontrollgruppe.
Die Anzahl der beim free recall richtig erinnerten Originalitems ergab einen signifikanten Unterschied zwischen der Leistung der Handlungs- und der Kontrollgruppe: In der Handlungsgruppe wurden die Items besser erinnert.
Elektrophysiologische Korrelate des Tu-Effektes
Gedächtnisleistungen für Handlungsphrasen (z.B. "die Zähne putzen") sind erheblich besser, wenn diese Phrasen bei der Enkodierung ausgeführt werden (subject-performed task, SPT) als wenn sie nur verbal gelernt werden (verbal task, VT). Diese Gedächtnisverbesserung wird als Tu-Effekt beschrieben. Zusätzlich verbessert sich die Gedächtnisleistung für bizarre Phrasen (z.B. "die Kiwi rasieren") unter der VT-Bedingung, unterscheidet sich unter SPT hingegen nicht von der gewöhnlicher Phrasen. Nach Engelkamp (1994) geht der Tu-Effekt auf die Reaktivierung motorischer Gedächtnisinhalte zurück. Die Bizarrheitsinformation soll sowohl unter SPT als auch unter VT vorhanden sein, allerdings lediglich unter VT handlungsrelevant werden. Wir überprüften diese beiden Vorhersagen mittels Ereigniskorrelierter Hinrindenpotentiale (ERPs). Je 14 Vpn lernten sowohl gewöhnliche als auch bizarre Handlungsphrasen unter SPT- oder VT-Bedingung. In einem Wiedererkennensexperiment wurden ERPs von 18 Ableitorten registriert. Die Verhaltensdaten replizieren die bekannten Effekte (s.o.). Unter der SPT-Bedingung wurde eine erhöhte Negativierung langsamer Potentiale über frontozentralen Ableitorten beobachtet. Dies unterstützt die Hypothese, daß der Tu-Effekt auf eine Reaktivierung motorischer Gedächtnisinhalte zurückgeht. Die ERP-Effekte beim Vergleich der Differenzsignale alter minus neuer Phrasen zeigten für bizarre Phrasen größere Effekte als für gewöhnliche Handlungsphrasen. Da dieser Unterschied sowohl unter VT als auch unter SPT vorhanden war, bestätigen die Ergebnisse auch die zweite Hypothese Engelkamps: Die Bizarrheitsinformation ist offensichtlich auch unter SPT vorhanden, ohne allerdings handlungsrelevant zu werden.
Literatur
Engelkamp, Johannes & Krumnacker, Horst (1980). Imaginale und
motorische Prozesse beim Behalten verbalen Materials. Zeitschrift
für experimentelle und angewandte Psychologie, 1980, Band XXVII,
Heft 4, (511-533)
Engelkamp, Johannes (1991). Das menschliche Gedächtnis. Das
Erinnern von Sprache, Bildern und Handlungen. Göttingen,
Toronto, Zürich: Verlag für Psychologie, Dr. C.J.
Hogrefe.
Unter Verwendung von: http://www.uni-kassel.de/fb3/psych/vv/ss95/exp/tu.html (00-04-21); http://www.uni-leipzig.de/~psycho/biopsych/teap99/abstracts/9811121559.html (01-03-12)
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