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Das Modell der "fluid" und "crystallized general intelligence"
(CATTELL)

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Der psychologische Test
Das psychologische Experiment

R.B. CATTELL, ein Schüler SPEARMANs, entwickelte ein weiteres Gruppenfaktorenmodell, das als eine Synthese aus der Zwei-Faktoren-Theorie und dem Modell mehrerer gemeinsamer Primärfaktoren angesehen werden kann. CATTELL (1957, 1965) unterscheidet zwei g-Faktoren:


CATTELLS Intelligenz-Modell

Abb. 3: CATTELLS Intelligenz-Modell (nach AMELANG/ BARTUSSEK 1994, 205)
Die Pfeile veranschaulichen die Richtung einer Wirkung. Durchgezogene Linien stehen für stärkeren Einfluss.(Se= schulische und erzieherische Erfahrungen)


Die "fluid intelligence" ist eine eher allgemeine, weitgehend angeborene Leistungsfähigkeit. Sie spiegelt die Fähigkeit wider, sich neuen Problemen und Situationen anzupassen, ohne dass es dazu umfangreicher früherer Lernerfahrungen bedarf. "Fluidität würde sich demnach manifestieren in Verhaltensweisen wie diesen: schnelles ‚Schalten', sofort ?m-Bilde-Sein; ‚instinktiv', ohne Überlegen in einer neuen Situation das Richtige tun, ohne Zögern das Unwichtige vom Wichtigen trennen; möglichst viele Zusammenhänge zwischen den Informationen ‚auf einen Schlag' erfassen und ordnen. ... Wenn man heute in der Psychologie noch ausdrücklich von der Intelligenz sprechen will, dann könnte man die Gültigkeit strikt beschränken auf diesen GF-Faktor, auf Fluidität" (WEWETZER 1972, 38f.). Wie in Abb. 4 zu sehen ist, lassen sich die oben beschriebenen Fähigkeiten und Verhaltensweisen relativ kulturfrei ("culture fair" oder "culture reduced") erfassen. Das dabei verwendete Material ist den Mitgliedern unterschiedlicher Kulturen und Gesellschaften etwa gleich gut vertraut. Die Aufgaben besitzen aber dennoch gleichzeitig den Charakter des Neuartigen.

Die "cystallized intelligence" hingegen vereinigt all jene kognitiven Fähigkeiten, in denen sich angehäuftes Wissen aus bisherigen Lernprozessen kristallisiert und verfestigt hat. "Die kristallisierte Intelligenz ist gewissermaßen das Endprodukt dessen, was flüssige Intelligenz und Schulbesuch gemeinsam hervorgebracht haben" (CATTELL 1973, 268). Der Faktor g c beinhaltet also in hohem Maße kulturspezifische Elemente.

In seinen Analysen fand CATTELL Primärfaktoren die auf den oben beschriebenen second-order Faktoren g f (fluid intelligence) und g c (crystallized intelligence) hoch luden. Darüber hinaus luden mehrere Primärfaktoren sowohl auf g f als auch auf g c. Dies führe dazu, einen weiteren Faktor mit noch größerem Allgemeinheitsgrad zu fordern, den Faktor g f (h) ( "fluid intelligence - historical). In diesem Faktor könnte man eine Entsprechung zu SPEARMANs g-Faktor sehen. CATTELLs Intelligenz-Modell (siehe Abb. 3) sieht zusätzlich noch Interessen- ("Interest: historical, present") und Gedächtnisfaktoren ("Memory: historical, present") vor. Die flüssige Intelligenz (g f) erreicht ihr Entwicklungsoptimum um das 14. bis 15. Lebensjahr, während die kristalline Intelligenz (g c), in Abhängigkeit von Lern- und Erziehungseinflüssen, ihren Kulminationspunkt etwa 4 bis 5 Jahre später erreicht. Bei der kristallinen Intelligenz sind jedoch auch Steigerungen bis ins 50. Lebensjahr oder noch später denkbar (CATTELL 1963). Intelligenztestverfahren wie der Grundintelligenztest CFT 1/2/3 oder die Coloured Progressive Matrices (CMP) nach RAVEN wurden auf der Grundlage des Intelligenzmodells von CATTELL konstruiert.

Beispiele für

Abb. 4: Beispiele für "culture fair" - Aufgaben nach CATTELL (aus WEISS, R. Grundintelligenztest CFT 1, 1977)

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